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Smart Beta ETFs

Smart Beta ETF / Factor Investing: Grundlagen jetzt verstehen

Factor Investing, oft auch Smart Beta Ansatz genannt, ist seit einigen Jahren bei Fondsmanagern in aller Munde. Aber was ist das eigentlich und solltest du das auch machen?

Inhalt

Smart Beta Investing, was steckt hinter dieser Strategie?

ETFs auf breite Weltmarktindizes wie den MSCI World sind eine sehr einfache und kostengünstige Möglichkeit die Marktrendite zu erzielen. Nun gab es aber schon immer Investoren, die sich damit nicht zufriedengegeben haben – sie wollten den Markt schlagen. Einigen gelingt dies über einen gewissen Zeitraum auch immer wieder. In den letzten Jahren haben zum Beispiel Investoren, die die Tech-Branche übergewichtetet haben, herausragende Renditen erzielt und den Markt geschlagen. Je länger der betrachtete Zeitraum, desto weniger Überflieger bleiben jedoch übrig.

In der Wissenschaft stellte die Effizienzmarkthypothese die Norm dar. Laut ihr sind alle Informationen jederzeit vollständig in den Aktienpreisen eingepreist und es sollte keine Strategie geben, mit der man langfristig den Markt schlagen kann. Allerdings dauerte es nicht lange, bis solch eine starke Hypothese hinterfragt wurde. Und tatsächlich gelang es einigen Wissenschaftlern durch einfache regelbasierte Strategien den Markt langfristig zu schlagen. Das Factor Investing war geboren. In diesem Artikel stellen wir euch die bekanntesten Faktorstrategien vor, auf die ihr mit zahlreichen ETFs setzen könnt.

Welche Faktor-Strategien gibt es?

Übersicht der Faktorstrategien beim Smart Beta bzw. Faktor Investing
Grafische Darstellung der verschiedenen Faktor-Strategien (Eigene Darstellung)

???? 1. Small Cap

Aktien von kleinen Unternehmen (mit einer geringeren Marktkapitalisierung) performten langfristig besser als die von großen. Dies kommt vermutlich daher, dass kleine Unternehmen zwar einerseits größere Wachstumsaussichten haben, andererseits aber auch deutlich höhere Risiken mit sich bringen. Dies drückt sich dadurch aus, dass Small Cap Aktien tendenziell in Krisen stärker fallen, wenn es aufwärts geht dafür aber stärker steigen. Der Small Cap Faktor gilt daher als ein aggressiver Faktor. Mit einem Small Cap ETF könnt ihr auf diese kleinen Unternehmen setzen. Aber auch ETFs die einen gleichgewichteten / equal weighted Ansatz fahren gewichten die Aktien von kleinen Unternehmen höher als ihre marktkapitalisierungsgewichteten Pendants, wodurch ebenso eine höhere Small Cap Gewichtung entsteht.

????️ 2. Value

Mit Bewertungskennzahlen, wie z.B. dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) kann man messen, wie hoch eine Aktie im Verhältnis zu ihren fundamentalen Daten bewertet ist. Beim Value Investing setzt man auf günstig bewertete Aktien, und hofft, dass diese zu ihrem „wahren Wert“ zurückkehren.

Der wohl bekannteste Vertreter dieser Strategie ist Warren Buffett, der sie direkt vom Begründer der fundamentalen Wertpapieranalyse Benjamin Graham gelernt hat. Günstig bewertete Aktien werden vom Markt oft als aktuell unattraktiv eingeschätzt, mit tendenziell schlechteren Wachstumsaussichten und somit höheren Risiken. 

Wie bei den Small Caps fallen diese in den Krisen tendenziell stärker und gewinnen dafür mehr in steigenden Phasen. Der Value Faktor gilt daher als ein aggressiver Faktor. Mit Value ETFs könnt ihr auf diese günstig bewerteten Unternehmen setzen.

???? 3. Momentum

Momentum ist ein Begriff aus der Physik und besagt, dass etwas Schwung hat. Bei den meisten Anlageklassen und insbesondere bei Aktien hat man beobachtet, dass Aktien, die zuletzt stark gestiegen sind, dies tendenziell weiterhin tun. Das gleiche gilt in umgekehrter Art für fallende Aktien. 

Es wird vermutet, dass sich neue Nachrichten, eben nicht (wie von der Effizienzmarkthypothese behauptet) sofort vollständig einpreisen, sondern der Preis sich erst nach und nach anpasst. 

Allerdings tritt dieses Momentum meist nur für einen begrenzten Zeitraum auf. Momentum ETFs (Smart Beta ETF Momentum) setzen daher stets auf die größten Gewinner der letzten Monate und tauschen diese regelmäßig beim Rebalancing aus. 

Aktien mit Momentum können tendenziell in allen Marktphasen manchmal besser und manchmal schlechter performen. Der Momentum Faktor gilt daher als ein neutraler Faktor.

⭐️ 4. Quality

Qualitätsunternehmen sind typischerweise sehr profitabel und haben in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass sie stetig wachsen und dies vermutlich auch in der Zukunft weiter tun werden. 

Sie haben langfristig besser performt, da vermutet wird, dass ihre „wahre Qualität“ vom Markt oft unterschätzt wird und sie es immer wieder schaffen, positiv zu überraschen.

Qualitätsaktien sind in Krisenphasen eher gesucht und fallen daher dann tendenziell weniger stark, in Aufschwungphasen wird dagegen oft auf riskantere Aktien gesetzt, wodurch Qualitätsaktien dann weniger profitieren. Der Quality Faktor gilt daher als ein defensiver Faktor. Hier findest du ETFs, die sich auf den Faktor Qualität spezialisiert haben.

???? 5. Low Volatility

Die Volatilität (auch Standardabweichung genannt) ist eine Kennzahl, um die Schwankungsintensität zu messen. Aktien weisen dabei eine relativ hohe Volatilität auf, Anleihen eine tendenziell geringere und das Sparbuch hat gar keine Volatilität. 

In der Regel wird das Eingehen von einem höherem (Schwankungs-) Risiko auch mit einer höheren Rendite belohnt. Beim reinen Vergleich von Aktien mit hoher und niedriger Volatilität hat man langfristig allerdings festgestellt, dass die mit niedriger Volatilität wider Erwarten besser abgeschnitten haben. 

Ein möglicher Erklärungsansatz ist die Zockermentalität, die Investoren oft in Aktien mit hohen Schwankungen treibt. Langweilige schwankungsarme Aktien werden dagegen öfters vernachlässigt. Durch diese ungleiche Behandlung scheinen Hohe-Vola-Aktien öfters über- und Geringe-Vola-Aktien unterbewertet zu sein. ETFs die dieses Phänomen ausnutzten wollen, stellen dabei oft ein Portfolio zusammen, bei dem die Volatilität historisch am geringsten war.

Diese Minimum Volatility ETFs fallen durch ihre geringere Schwankungsintensität in Krisen tendenziell weniger stark, nehmen Aufwärtsbewegungen allerdings auch nicht so stark mit. Der Low Volatility Faktor gilt daher als ein defensiver Faktor.

???? 6. Liquidität

Liquidität bezeichnet bei Wertanlagen die Einfachheit der Handelbarkeit. Immobilien sind zum Beispiel sehr illiquide Vermögenswerte, da es recht kompliziert und mit großem Aufwand verbunden ist diese zu ver-/kaufen. Aktien und alles was an der Börse gehandelt wird, kann in der Regel jederzeit ge- & verkauft werden und ist daher recht liquide. Dabei gibt es jedoch Unterschiede: Es kann sich zum Beispiel durchaus als schwieriger herausstellen Aktien von kleinen Unternehmen, die einen geringen Anteil im Streubesitz haben und nur an einer kleinen Börse gelistet sind, zu handeln – sie sind illiquide. Für diese erschwerte Handelbarkeit zahlt der Markt eine Illiquiditätsprämie. Aktuell gibt es noch keine ETFs mit Liquiditätsfokus.

???? 7. Multifactor

In der Vergangenheit haben alle vorgestellten Faktoren den Markt langfristig geschlagen. Allerdings trat diese Outperformance nicht dauerhaft auf, sondern war jeweils auch zeitweise von langen Durststrecken der Underperformance geprägt. 

In den letzten Jahren hat z.B. der Momentum Faktor deutlich besser abgeschnitten, Value und Small Caps liefen hingegen schlechter als der Markt. Um dieser Unvorhersehbarkeit der einzelnen Faktorperformances entgegen zu wirken, setzen Multifactor ETFs parallel auf mehrere Faktoren. Dadurch wird die Zufälligkeit der Under- und Outperformance geglättet und man ist näher an der Marktrendite. 

Allerdings kann die unterschiedliche Stärke der einzelnen Faktoren auch hier keine dauerhafte Outperformance garantieren. Durch die parallele Gewichtung von mehreren Faktoren lässt sich nicht pauschal sagen, ob es sich eher um einen aggressiven, neutralen und defensiven Ansatz handelt.

???? Marktfaktor

Der wohl dominanteste Faktor bei Aktieninvestments ist der allgemeine Marktfaktor. So gut wie alle Strategien lassen sich zum größten Teil von der Bewegung des Gesamtmarktes erklären. Selbst die besten Aktien fahren in einem Crash meist Verluste ein. Und bereits insolvent geglaubte Unternehmen können von einer starken Rallye meist noch einmal profitieren. Auch sämtliche oben genannten Faktor Strategien sind hauptsächlich vom Marktfaktor getrieben. Sie unterscheiden sich lediglich dadurch in bestimmten Marktphasen tendenziell etwas besser abzuschneiden.

Fazit

Faktoren stellen die Grundlage dar, um die Performance von spezifischen Strategien erklären zu können. Die voluminöse Tech Rallye der vergangenen Jahre war z.B. vor allem durch Momentum getrieben. Die Underperformance des Automobil Sektors konnte durch einen schwachen Value Faktor erklärt werden. Dividendenstrategien zeichnen sich meist durch günstig bewertete Qualitätsaktien aus. 

Durch die mittlerweile zahlreich angebotenen Faktor ETFs können sich Anleger dies zu Nutze machen und direkt auf die Faktoren setzen. So lässt sich die pure Faktorperformance verdienen. Durch ihre breitere Streuung auf mehrere Länder und Industrien, bieten Faktor ETFs zudem meist eine höhere Diversifikation.

Wie kannst du Faktor ETFs (Smart Beta ETFs) nun in deinem Portfolio integrieren?

Wie im ersten Blogartikel bereits geschrieben sollten Weltmarkt ETFs stets den Kern deines Portfolios bilden. Die meisten Faktor ETFs laufen auf große Weltmarkt Indizes wie den MSCI World, wählen daraus allerdings nur die Aktien mit den höchsten Faktorausstattungen aus. Die daraus resultierenden Faktor ETFs sind meist bereits breit über mehrere Länder und Industrien gestreut und hoch mit den Standard Weltmarkt ETFs korreliert. Daher kannst du den Faktor ETFs durchaus ein größeres Gewicht in deinem Portfolio geben. Dies kann bis soweit gehen, dass du die Standard Weltmarkt ETFs vollständig durch Weltmarkt Faktor ETFs ersetzen kannst. Allerdings ist es dabei wichtig, dass du die Hintergründe genau verstanden hast und es unter Umständen auch in Kauf nimmst etwas schlechter als der Markt abzuscheiden. Denn auch hier ist die historische Outperformance keine Garantie für außerordentliche zukünftige Gewinne.

Pascal Kielkopf

Content Manager

Pascal Kielkopf ist einer unserer ETF-Experten. Er ist bereits seit 2013 selbst investiert und besitzt viel Praxiserfahrung. Durch sein Masterstudium im Bereich Finanzen an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt hat er sich ein breites Wissen zu vielen Finanzthemen, insbesondere dem passiven Investieren in ETFs angeeignet. Ferner hat Pascal bereits beim Indexanbieter Solactive in der Produktentwicklung gearbeitet und weiß genau, wie ETFs entstehen und wie der Handel funktioniert.

Disclaimer: Der Inhalt dieses Artikels dient ausschließlich der allgemeinen Information und stellt keine Anlageberatung und keine Kaufempfehlung dar. Er kann und soll eine individuelle Beratung durch hierfür qualifizierte Personen nicht ersetzen. Entscheidungen, die aufgrund von hier gemachten Angaben getroffen werden, erfolgen stets in eigener Verantwortung. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen.

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