Rating- Agenturen, -Prozesse, – Stufen und Skandale

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Bilanz lesen und verstehen

Rating-Agenturen zählen zu den mächtigsten Akteuren auf dem Finanzmarkt. Sie bewerten die Bonität von Unternehmen und sogar Staaten und nehmen auf diesem Weg Einfluss auf die Zinsen, die diese für Fremdkapital zahlen müssen.

Was sind Ratingagenturen?

Ratingagenturen sind privat geführte und gewinnorientierte Unternehmen. Sie bewerten das Risiko von:

  • Die Bonität von Unternehmen
  • Die Kreditwürdigkeit von Staaten
  • Die Kreditwürdigkeit von den Staaten untergeordneten Gebietskörperschaften
  • Wertpapieren

Dabei nutzen sie eine Bewertungsskala, die von AAA bis D geht und das Risiko auf den ersten Blick einschätzbar machen soll.

Ursprünglich sind die Ratingagenturen deswegen ins Leben gerufen worden, um in der unsicheren wirtschaftlichen Situation der USA des 19. Jahrhunderts, die von zahlreichen Insolvenzen geprägt war, sichere Informationen über Geschäfte zu erhalten. Damals handelte es sich um Agenturen, die Agenten vermittelte, die dann versuchten, über die jeweiligen potenziellen Geschäftspartner so viele Informationen wie möglich zu ermitteln.

Das Geschäftsprinzip erwies sich als erfolgreich, sodass die Agenturen auch mit der fortschreitenden Industrialisierung und dem Entstehen von Großkonzernen Bestand hatten. Allerdings wurde das Geschäftsmodell zunehmen von einer provisionsbasierten Abrechnung, die auf die erhaltenen Zinsen gewährt wurde, zu einem Gebührenmodell umgewandelt. In den 1980ern wurden Ratingagenturen durch wegfallende staatliche Regelungen immer wichtiger. Seit Basel II und Basel III hat sich ihr Einfluss noch vergrößert.

Welche Ratingagenturen gibt es?

Derzeit gibt es vor allem drei Ratingagenturen, die den Markt beherrschen:

  1. Standard & Poor’s

Standard & Poor’s zählt zusammen mit Moody’s zu den bekanntesten und mächtigsten Ratingagenturen der Welt. Das Unternehmen ging 1941 aus einem Zusammenschluss der beiden namensgebenden Ratingagenturen hervor und hat seinen Hauptsitz in New York City. 2010 konnte es einen Umsatz von knapp drei Milliarden US-Dollar verzeichnen und 8500 Mitarbeiter beschäftigen. Das Unternehmen zeigt sich auf für zahlreiche Aktienindizes wie den S%P 500 verantwortlich. Inhaber ist seit 19566 McGraw Hill.

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Standard & Poor’s zählt zusammen mit Moody’s zu den bekanntesten und mächtigsten Ratingagenturen

  1. Moody’s

Moody’s konnte 2014 einen Umsatz von 3,43 Milliarden US-Dollar verzeichnen und fast 10.000 Mitarbeiter beschäftigen. Damit gilt das Unternehmen derzeit als größte Ratingagentur. Noch dazu ist es mit der Gründung im Jahre 1909 um Eisenbahn-Anleihen zu bewerten eine der ältesten Rating Agenturen weltweit. Als größter Anteilseigner des New Yorker Unternehmens gilt Warren Buffet mit einem Anteil von derzeit 13 Prozent.

  1. Fitch Ratings

Fitch Ratings ist die drittgrößte Ratingagentur der Welt, ist jedoch mit einem Marktanteil von 15 Prozent weit hinter S&P und Moodys (jeweils 40 Prozent) zu finden. Das Unternehmen konnte 2012 545 Millionen Euro Umsatz verzeichnen und 2.300 Mitarbeiter beschäftigen. Die Gründung des Unternehmens erfolgte bereits 1913, es befindet sich im Mehrheitsbesitz von 60 Prozent der französischen Fimalac-Holding, die übrigen 40 Prozent gehören zur Hearst Corporation.

  1. Kleinere Agenturen

Darüber hinaus gibt es noch einige weitere Agenturen, die allerdings zusammen kaum 5 Prozent des weltweiten Umsatzes verzeichnen können. Ihr Hauptproblem liegt in der Wahrnehmung der Kapitalgeber, die außer den drei großen Agenturen keinem anderen Anbieter vertrauen möchten.

  • M. Best gilt als Experte für die Bewertung für Versicherungen.
  • DBRS ist eine kanadische Ratingagentur von nationaler Relevanz.
  • Dagong Global Credit Rating Company ist eine chinesische Ratingagentur.
  • Die deutschen Agenturen BayRate, Euler Hermes Rating GmbH, MAR und URA haben sich auf den Mittelstand konzentriert und sind international kaum relevant.

Wie entsteht ein Rating?

Wie genau ein Rating ermittelt wird, musste von den Agenturen jahrzehntelang nicht veröffentlich werden. Sie beriefen sich auf das Geschäftsgeheimnis und wurden auch bei gerichtlichen Auseinandersetzungen hierin bestätigt. Das sorgt allerdings auch dafür, dass die Transparenz der wichtigen Ratings nur bedingt gegeben ist. Inzwischen hat die EU als Konsequenz auf die Weltwirtschaftskrise 2007/ 2008 allerdings Gesetze erlassen, die eine Veröffentlichung der genauen Bewertungskriterien fordert.

Der Rating-Prozess beginnt damit, dass ein Unternehmen auf die Ratingagentur zugeht und ein Rating fordert. Dieses muss nach der Fertigstellung also vom Auftraggeber, dem geprüften Unternehmen, bezahlt werden.

Grundsätzlich werden die folgenden Faktoren begutachtet:

  • Die Geschäftszahlen des Unternehmens aus der Bilanz und Gewinn-und-Verlust-Rechnungen. Sie werden auch als quantitative Faktoren
  • Risikofaktoren wie das Geschäftsmodell, die Qualität des Managements, die Unternehmensstrategie, Controlling und weitere qualitative Faktoren, die nicht eindeutig in Zahlen umgewandelt werden können.
  • Die Branchendaten, die auf alle Unternehmen der Branche wirken und deswegen Rückschlüsse auf die mittelfristige Entwicklung des Marktumfeldes ermöglichen.
  • Zukunftsbezogene Daten. Ratingagenturen nutzen nicht nur vergangenheitsbezogene Daten, sondern versuchen auch zukunftsgerichtete Faktoren wie Marktaussichten, Gewinnprognosen und Zwischenzahlen in ihr Rating einfließen zu lassen.

Jede Ratingagentur nutzt dann ihre eigenen statistischen Ratingfunktionen, deren Ergebnis dann die entsprechende Einteilung ergibt. Aufgrund der Tatsache, dass die Agenturen in der Regel ähnliche Faktoren als wichtig erachten und auf die gleichen Daten zugreifen, unterscheiden sich die Urteile in der Regel nur unwesentlich.

Was bedeuten die Rating-Stufen?

Die Ratingstufen werden von jeder Agentur unterschiedlich eingeteilt, allerdings unterscheiden sie sich dabei kaum.

  • Die höchste Stufe wird von S&P und Fitch als AAA bezeichnet, Moody’s hat sich hingegen für Aaa Hier gilt das Ausfallrisiko auch längerfristig als so gut wie vernachlässigbar.
  • Es folgen Aa2 und Aa3, während die beiden Konkurrenten mit AA+, AA und AA- arbeiten. Alle Wertpapiere und Unternehmen, die in diese Klassen eingestuft werden, gelten als sichere Anlage, bei der das Ausfallrisiko so gut wie vernachlässigbar ist. Die langfristige Entwicklung lässt sich allerdings schwieriger einschätzen.
  • A1, A2 und A3 finden ihr Äquivalent in A+, A und A-. Auch Wertpapiere, Unternehmen oder Staaten, die in diese Klassen eingestuft wurden, gelten als sichere Anlage. Allerdings gilt diese Einschätzung nur, wenn keine unvorhergesehen Ereignisse Branche oder Gesamtwirtschaft negativ beeinflussen.
  • In den Bereichen Baa1, Baa2 und Baa3 (Moody’s) sowie BBB+, BBB und BBB- (S&P und Fitch) sprechen die Agenturen von durchschnittlich guten Anlagen, bei denen eine Verschlechterung der Gesamtwirtschaft zu Problemen führen könnte.

Ab diesem Punkt folgen die spekulativen Anlagen, bei denen eine Verschlechterung zu Ausfällen führt und auch kurzfristig ein hohes Risiko besteht. Vor allem bei Ratings, die mit einem C als Buchstabe beginnen, sind Ausfälle zu erwarten. Bei einem einfachen C in Moody’s Rating oder einem SD oder D (S&P) bzw. RD und D bei Fitch musste bereits ein Zahlungsausfall verzeichnet werden.

Kritik an Ratingagenturen

Die Ratingagenturen wurden in den letzten Jahren mehrfach kritisiert. Ein Großteil der Nachteile und Warnungen entsteht durch die große Macht der Agenturen sowie der Verknüpfung mit der Wirtschaft.

  • Rating Agenturen werden von den bewerteten Unternehmen bezahlt und könnten deswegen Gefälligkeitsgutachten
  • Ratingagenturen können im Rahmen einer selbsterfüllenden Prophezeiung die Krise eines Unternehmens verschärfen und so zur Zahlungsunfähigkeit beitragen.
  • Ratingagenturen können mit bestimmten Unternehmen wie Banken zusammenarbeiten, die durch bestimmte Rating-Urteile profitieren können. Hierzu zählen beispielsweise Credit Default Swaps.
  • Kritiker werfen den drei großen Agenturen vor, als angelsächsisches Kartell im Sinne der US-amerikanischen Wirtschaft zu agieren. Politische Einflussnahme auf die Unternehmen ist dabei ebenfalls nicht auszuschließen.
  • Es herrscht eine gewisse Abhängigkeit von den drei zentralen Akteuren. Dies wird auch im Rahmen von Gebührenerhöhungen
  • Die Ratings sind nicht immer fehlerfrei. Zudem veröffentlichen sie kritische Urteile fast immer zu spät.

Ratingagenturen haften lange Zeit nicht für die Folgen von Fehlbewertungen, allerdings wurden in den letzten Jahren mehrfach Klage gegen Ratingagenturen stattgegeben. Die EU hat zudem 2013 entschieden, dass sowohl Investoren als auch Anleger Rating-Agenturen auf Schadenersatz verklagen können, falls sie einen Schuldner entweder absichtlich oder fahrlässig falsch bewertet haben.

Fehlurteile und Skandale von Ratingagenturen

In den letzten Jahren mussten Ratingagenturen mehrmals eingestehen, Fehleinschätzungen veröffentlich zu haben. Ratingagenturen mussten sich vor allem im Rahmen der Finanzkrise von 2007/2008 Kritik gefallen lassen. Sie gelten als mit dafür verantwortlich, dass eigentlich hoch riskante Papiere über Verbriefungen und andere Tricks als sicher eingestuft worden sind. Sie haben die komplexen Finanzprodukte teilweise wissentlich mit einem guten Rating versehen. In einigen Fällen waren die Ratingagenturen sogar in beratender Funktion für die Finanzinstitute zuständig, deren Produkte sie später bewertet haben und können sich somit nicht auf Unwissenheit berufen.

Als die Immobilien- und Verbriefungsblase platzte, sorgte dies für zahlreiche Bankenpleiten und stürzte die Weltwirtschaft in eine Krise. Zahlreiche Produkte, die aus mehrfach verbrieften faulen Krediten bestanden, wurden als sichere Anlage ausgezeichnet und konnten so ihren Weg selbst in konservative Portfolios von Privatanlegern oder Rentenfonds finden. Als Folge verloren zahlreiche US-Amerikaner ihre Altersvorsorge.

Weiter Fehler:

  • Darüber hinaus wird auch kritisiert, dass sich der Zahlungsausfall bei Leman Brothers im September 2008 nicht rechtzeitig in den Ratings wiedergespiegelt haben.
  • Auch im Rahmen der Dotcom-Blase konnten die Ratingagenturen nicht mit rechtzeitigen Abstufungen überzeugen.
  • Als einer der größten Skandale gilt jedoch fraglos der Bilanzfälschungsskandal von Enron im Jahr 2001. Hier zeigte sich, dass es auch für Ratingagenturen schwierig ist, die Bilanzzahlen von Unternehmen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (wie jedermann Bilanzen lesen und verstehen kann zeigen wir in einem separaten Ratgeber auf). Die Anleger kostete der Irrtum rund 60 Milliarden US-Dollar. Der Scheinriese generierte Phantomerträge, verschob Verluste und konnte mit unrealistischen Aktienkursen immer mehr Fremdkapital akquirieren. Dieses nutze das Unternehmen unter anderem dazu, ständig neue Unternehmen aufzukaufen, die jedoch ebenfalls nicht ausreichende Gewinne generieren konnten. Letztlich kollabierte der Energiekonzern und musste Insolvenz anmelden.

Fazit:

Ratingagenturen können einen wichtigen Beitrag zur Einschätzung eines Unternehmens, einer Staatsanleihe oder eines Wertpapiers liefern. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass die Ratingagenturen nicht vor Fehleinschätzungen gefeit sind. Vor allem die wirtschaftliche Verknüpfung mit den Schuldnern gilt als problematisch. Zudem reagieren die Ratingagenturen häufig nicht zeitnah genug, sodass sich Anleger auch mit anderen Informationen und Quellen beschäftigen müssen und den Ratings nicht blind vertrauen sollten.

Paul ist Autor von Aktien.net und schreibt seit 2016 für das Portal. Im August 2006 - Januar 2009 hat er eine Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen bei der Allianz Versicherung absolviert. Hier war er unter anderem im Investmentbanking bei der Dresdner Bank (damals noch Teil der Allianz, heute Commerzbank) eingesetzt. Paul interessiert sich insbesondere für Aktienindizes, ETFs, Fonds, Rohstoffe und Anleihen.

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