Wenn ein technischer Analyst erst einmal loslegt und mit Indikatoren, Chart-Formationen und Kaufsignalen um sich wirft, dann könnte man als Börsenanfänger fast glauben, es handelt sich um eine Geheimwissenschaft. Da werden kompliziert aussehende Kurven in den Chart eingezeichnet und Berechnungen angestellt, die anscheinend voraussagen können, wohin sich der Markt in der Zukunft bewegen wird. Aber das kann natürlich niemand. Auch die Chartanalyse ist nicht in der Lage, die Zukunft vorherzusagen. Sie kann aber sehr wohl anhand von Kursverläufen Chancen auszumachen, zu denen sich Ein- und Ausstiege in den Markt besonders lohnen. Sogar zur Bundestagswahl 2021 haben Chartanalysten etwas zu sagen. Und auch, wenn die Aussagen der Chartanalyse nicht in jedem Fall zutreffen müssen, so zeigt die Erfahrung doch, dass die Wahrscheinlichkeiten damit richtigzuliegen gar nicht so klein sind. Zunächst mal unterscheidet man bei der Wertpapieranalyse zwei grundsätzlich unterschiedliche Herangehensweisen. Neben der Charttechnik gibt es auch noch die sogenannte Fundamentalanalyse. Sie zieht ausschließlich wirtschaftliche Daten der betreffenden Unternehmen heran, um den Aktienkurs zu bewerten. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob die Preisbildung an der Börse gegenüber der tatsächlichen ökonomischen Situation als passend erscheint, oder das Unternehmen aufgrund von Spekulationstätigkeiten eventuell über- oder unterbewertet ist. Die Fundamentalanalyse ist zumeist das Mittel der Wahl für langfristig agierende Investoren, die ihre Anteile oft über mehrere Jahre liegen lassen und auf das kontinuierliche Wachstum einer Branche setzen, oder aber auf das Erzielen von Dividendenrenditen. Für kurzfristig orientierte Trader sind die Fundamentaldaten nicht hilfreich. Die schnellen spekulativ verursachten Schwankungen an den Börsen haben nichts zu tun mit der tatsächlichen Unternehmenssituation. Vielmehr sind sie getrieben von politischen Prozessen, von kurzfristigen Wirtschaftsnachrichten und vor allem den psychologischen Phänomenen wie Gier und Angst der Anleger, die zusammen mit dem Herdentrieb sehr scharfe und schnelle Bewegungen der Kurse auslösen können. Dabei hat sich gezeigt, dass der zeitliche Verlauf solcher Kursbewegungen oft ganz ähnliche Muster ausbildet. Dies kann man auch verstehen, denn die Abfolge der Emotionen, die Anleger dazu verführt, irrationale Trading-Entscheidungen zu treffen, ist universell. So hat zum Beispiel jede übertriebene Marktbewegung die Tendenz, wieder teilweise korrigiert zu werden. Aus der Abfolge von Bewegung und Korrektur ergibt sich dann ein Trend. Und hier setzt nun die Chartanalyse an: Sie identifiziert bestimmte Muster im Chart, die in der Vergangenheit bereits oft aufgetreten sind, um daraus Rückschlüsse zu ziehen auf die Positionierung der Marktteilnehmer. Darauf aufbauend kann man dann recht zuverlässig Einstiegspunkte bestimmen oder kommende Marktbewegungen vorausahnen. Leseempfehlung: Tipps und Tricks sowie Begriffserklärungen rund um das Thema Aktien kaufen finden Sie in diesem Ratgeber. Die am meisten benutzte Technik ist dabei sicherlich das Einzeichnen von Unterstützungs- und Widerstandslinien. Darunter versteht man bestimmte Preisniveaus, an denen die Kurse in der Vergangenheit mehrmals umdrehten und sich zunächst in die entgegengesetzte Richtung weiterbewegten. Dies passiert oft bei psychologisch wichtigen Kursmarken, etwa besonders runden Zahlen. Ein Beispiel ist der DAX-Stand von 10000 Punkten, der im Jahr 2014 als starker Widerstand wirkte. Dadurch, dass bei jeder Berührung der Marke ein großes Volumen an Trades umgesetzt wird, festigt sich der Widerstand von selbst, denn viele Marktteilnehmer haben genau an diesen Linien entweder Positionen eröffnet oder Stopp-Marken gelegt. Je öfter der Kurs den Widerstand berührt, desto stärker wirkt er im weiteren Verlauf. Aber natürlich gilt so etwas nie absolut und es kann mit jedem Testen des Widerstands passieren, dass er doch überwunden wird und der Kurs weiterläuft. In dem Fall wandelt sich der Widerstand zur Unterstützung. Er wirkt immer noch als markante Kursmarke, nur was bisher eine obere Begrenzung war wird nun zur unteren und umgekehrt. Die DAX-Marke bei 10000 die im Jahr 2014 noch ein starker Widerstand war, wirkt nach der Überschreitung als stabiler Support und der Index muss schon sehr stark unter Druck geraten, um diese Marke in Zukunft wieder zu unterschreiten. Die Unterstützungs- und Widerstandslinien müssen nicht horizontal laufen, sondern können auch eine steigende oder fallende Trendlinie anzeigen. Diese ebenfalls sehr wichtigen Analysewerkzeuge hat sicher jeder schon mal bei einer Chartanalyse gesehen. Ein Trend besteht aus einer Abfolge von Bewegungen, entweder steigender Hochs und steigender Tiefs bei einem Aufwärtstrend, oder fallender Hochs und fallender Tiefs bei einem Abwärtstrend. Verbindet man nun entweder die Hochpunkte oder die Tiefpunkte miteinander, dann kommt dabei sehr oft eine gerade Linie heraus. Diese Trendlinien funktionieren ähnlich wie die Unterstützungs- und Widerstandslinien und können damit Einstiegspunkte vorgeben, an denen es günstig ist, in einer Trendfolge-Strategie aufzuspringen. Besonders schön ausgeprägte Trends folgen sogar mit den Hoch- und Tiefpunkten gleichzeitig parallelen Linien, so dass diese in einem Trendkanal verlaufen. Ein weiteres wichtiges Instrument der Chartanalyse ist die Durchschnittsbildung. Ein gleitender Durchschnitt wird immer über die Schlusskurse einer bestimmten Anzahl von vergangenen Kursnotierungen gebildet. Dadurch wird der Kursverlauf geglättet, sehr kurzfristige Spitzen und Marktrauschen fallen durch die Durchschnittsbildung heraus. So sind Trendverläufe und langfristige Bewegungen besser zu erkennen. In der Praxis trifft man meist auf zwei Arten der gleitenden Durchschnitte: Im DAX-Tageschart genießt der EMA200-Durchschnitt eine große Aufmerksamkeit unter den Analysten. Wird diese wichtige Linie vom Index gekreuzt, so gilt das als Signal für eine langfristige Trendwende. DAX-Notierungen oberhalb des EMA200 stehen für bullische Marktphasen und darunter ist mit weiter fallenden Kursen zu rechnen. Viele automatische Handelsstrategien nutzen die gleitenden Durchschnitte, da sie leicht am Computer zu berechnen sind und eine Möglichkeit bieten, verschiedene Trendphasen auf unterschiedlichen Zeitebenen auszuwerten. So basieren etwa einige Handelsmodelle darauf, einen schnellen und einen langsamen EMA gleichzeitig zu berechnen und die Schnittpunkte dieser beiden Kurven als Kaufsignale zu benutzen. Das könnte bedeuten, eine Longposition zu eröffnen, wenn der EMA50 den EMA200 von unten nach oben schneidet und zu verkaufen bzw. Short zugehen, wenn der Schnitt von oben nach unten erfolgt. Als Indikatoren bezeichnet man ganz allgemein Größen, die nach einer bestimmten mathematischen Berechnungsvorschrift aus den Kursen und manchmal auch aus den Volumendaten gebildet werden. Es gibt davon unzählige, die verschiedenste Aspekte des Kurses beleuchten und unterschiedliche Trading-Stile widerspiegeln. Sie werden entweder direkt in den Chart eingezeichnet, oder in einem kleinen zusätzlichen Fenster über- oder unterhalb der Kursdarstellung. Es würde den Rahmen sprengen, hier auf alle Indikatoren einzugehen, da dieses Thema überaus komplex ist. Die grobe Einteilung erfolgt in Die Chartanalyse benutzt Preisdaten um daraus markante Ein- und Ausstiegspunkte im Markt zu bestimmen. Dies erfolgt über bestimmte Chartformationen, die in der Vergangenheit für Marktbewegungen gesorgt haben, oder über Indikatoren, die nach bestimmten Algorithmen aus dem preisverlauf berechnet und in den Chart eingezeichnet werden. Genutzt werden sie meist von kurzfristig orientierten Daytradern und Scalpern, denn in den extrem kurzen Haltezeiten, die bei diesen Tradingstilen eine Rolle spielen, sind die fundamentalen Daten eines Unternehmens nicht relevant. Im Computerzeitalter erfuhr die technische Analyse einen Boom, da sie sich hier sehr einfach anwenden und automatisieren lässt. Auch der automatische Wertpapierhandel wäre ohne technische Analyse nicht denkbar.
Inhalt
Chartanalyse
Charttechnik – was ist das eigentlich?
Unterstützung und Widerstand
Gleitende Durchschnitte
Indikatoren
Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche Sonderformen, die ganze Handelssysteme abbilden wie die Bollinger-Bänder oder den japanischen Ichimoku kinko hyo, der auch manchmal als Wolkenchart bezeichnet wird.
Fazit
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