Aktien zählen durchaus zu den riskanteren Anlageprodukten, allerdings variiert das Risiko im Rahmen der unterschiedlichen Aktien. Es gibt im Rahmen der Wirtschaftswissenschaften jedoch verschiedene Möglichkeiten, das Risiko einer Aktie einzuschätzen und so Investments besser zu planen.
Was ist Risiko?
Inhaltsverzeichnis
Risiko bezeichnet im Rahmen der Wirtschaftswissenschaften die Informationsunsicherheit über den Eintritt eines Sachverhaltes und die damit verbundene Möglichkeit der Beeinträchtigung von Zielen.
Dabei wird vor allem zwischen Risiken vor und nach dem Entscheidungszeitraum gesprochen. Risiken vor oder zum Entscheidungszeitraum sind:
- Das Entscheidungsrisiko. Es beschreibt, dass Abweichungen vom Erwartungswert des Ergebnisses möglich sind.
- Das Ergebnisrisiko. Es beschreibt die Ergebnisunsicherheit bei risikoverbundenen Entscheidungen.
- Das Opportunitätsrisiko. Es beschreibt das Risiko, dass eine andere Entscheidung die bessere Wahl (günstiger) gewesen wäre.
Risiken nach dem Entscheidungszeitpunkt sind das Handlungsrisiko, das Plan- und Abweichungsrisiko und das Bindungsrisiko.
Das Risiko entsteht also erst dadurch, dass nicht klar ist, wie sich bestimmte Faktoren ändern. Dementgegen gesetzt steht der Begriff der Sicherheit, der einen Zustand bezeichnet, der frei von unvertretbaren Risiken ist.
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Gibt es „sichere“ Aktien?
Es gibt fraglos Wertpapiere, die über einen teilweise jahrzehntelangen Zeitraum vergleichsweise wenig Wertschwankungen zeigten. Sie gelten als risikoärmer. Als „sichere Aktien“ – die jedoch von den meisten Finanzexperten dennoch der Risikoklasse 3 (von 5) zugeordnet werden – gelten Standardaktien aus dem europäischen Raum. In Risikoklasse 4 werden hingegen internationale Standardaktien oder EUR-Aktiennebenwerte eingeteilt. Internationale Aktiennebenwerte sind in Risikoklasse 5 eingeteilt und weisen demzufolge das höchste Risiko auf.
Dabei zeigt allerdings die Tatsache, dass es noch zwei risikoärmere Risikoklassen gibt, natürlich auch, dass ein Aktien-Investment immer mit einem gewissen Risiko einhergeht. Dabei sind auch die etablierten Unternehmen, die jahrzehntelang als sicher gelten, nicht vor einem beachtlichen Kurseinbruch geschützt. In vielen Fällen erholen sich die Aktien, allerdings ist dies nicht immer so. Fast immer benötigen Anleger zudem einen langen Atem und müssen die niedrigen Kurse teilweise über Jahre aussitzen.
Die einzige Möglichkeit, das Aktieninvestment so risikoarm wie möglich zu gestalten, ist und bleibt deswegen eine ausreichende Diversifikation. Es bleibt immer ein Restrisiko vorhanden und ein einzelner Wert kann immer einbrechen, verschiedene Wertpapiere aus unterschiedlichen Ländern und Branchen können Kursverluste hingegen häufig gegenseitig abfedern.
Die Einteilung von Aktien in verschiedene Risikoklassen ist allerdings nicht immer sinnvoll. So bewerten beispielsweise viele Geldinstitute Standard-Aktien aus dem Euroraum als weniger riskant als weltweite Standardaktien. Diese werden eher mit europäischen Nebenwerten gleichgesetzt. Dies ist jedoch natürlich nicht immer sinnvoll. So würde beispielsweise ein deutsches IT-Startup, das noch keinen Gewinn verzeichnen kann, mit einem globalen Big Player wie Coca Cola gleichgesetzt werden, dessen Aktien seit Jahrzehnten wertstabil sind. Es lohnt sich also, auch die einzelnen Einteilungen in Risikoklassen nicht ungefragt zu übernehmen, sondern das Risiko tatsächlich für jedes Unternehmen einzeln einzuschätzen.
Aktien haben zudem auch Vorteile, in denen ihr Risiko gegenüber „sichereren“ Geldanlagen sogar sinkt:
- Bankpleiten
- Staatspleiten
- Kriege und Konflikte
- Währungsreformen
- Revolutionen
Hier erweisen sich Aktien als wertstabil und sicher im Vergleich zu Einlagen.
Einer der wesentlichen Fehlannahmen bei der Einschätzung des Risikos beim Investment in Aktien ist, einen zu kurzen Zeitraum zu betrachten. Selbst Aktien, die mehr als die Hälfte an Wert verlieren, müssen kein Verlustrisiko für den Anleger sein. Entscheiden ist hingegen, ob diese sich wieder erholen und ob der Anleger sein Kapital in der Zwischenzeit aus dem Wertpapier zieht oder nicht. Ist der Rückgang nur zyklisch bedingt oder geht bald vorüber und der Anleger entsprechend langfristig aufgestellt, ist das Verlustrisiko gering. Auch Zeit entscheidet also darüber, wie riskant die Investition in eine Aktie ist.
Moderne Portfoliotheorie und Risiko
Die moderne Portfoliotheorie ist zwar entgegen ihrem Namen inzwischen nicht mehr auf dem allerneusten Stand. Ein Großteil der Gedanken zu Risiko, Rendite und auch Liquidität stellen für die meisten Anleger jedoch nach wie vor die Grundlage zur Bestimmung von Risiko und Rendite dar.
Die Portfoliotheorie unterscheidet zwischen zwei Risiken:
- Systematisches Risiko
Das systematische Risiko betrifft die Anlageform oder sogar alle Geldanlagen. Bei der Bestimmung des Risikos der einzelnen Aktie ist es unerheblich.
- Unsystematisches Risiko
Das unsystematische Risikobeschreibt hingegen das Risiko, das das jeweilige Wertpapier aufweist. Dies kann beispielsweise beeinflusst werden durch:
- Unternehmensbilanzen
- Umsatzrückgänge oder -steigerungen
- Gesetze
- Katastrophen
- Neue Technologien
- Schwächelnde Branchen
- Pleiten von weiterverarbeitenden Unternehmen
Das unsystematische Risiko lässt sich durch Diversifikation verringern.
Das Risiko am Kurs ablesen
Wer das absolute oder relative Risiko einer Aktie bestimmen will, tut dies in der Regel durch verschieden Berechnungen, die eine Voraussage über die zukünftige Kursentwicklung ermöglichen sollen.
Die zentrale Schwäche hierbei ist die Tatsache, dass sich aus den Kursen der Vergangenheit nicht sicher ablesen lässt, wie sich der Kurs in Zukunft entwickeln wird. Zwar ermöglicht dies eine statistische Voraussage, diese ist jedoch natürlich nicht immer ausschlaggebend.
Deswegen werden Indikatoren und Kennzahlen, die sich vor allem auf die Vergangenheit beziehen und kursinhärent sind, also keine anderen Zahlen wie die aktuelle wirtschaftliche Lage des Unternehmens einbeziehen, von vielen Analysten kritisch betrachtet.
Volatilität
Volatilität gilt bei vielen Anlegern als geeignetes Risikomaß. Es beschreibt die Schwankungen, die ein den Kurs in der Vergangenheit gezeigt hat. Damit kommt es auch einer Definition entgegen, die unter Anhänger der Portfoliotheorie häufig genutzt wird, nämlich das Risiko nicht nur einen möglichen Verlust beschreibt, sondern auch eine Chance darstellt.
Die Volatilität misst dabei allerdings nicht nur einfach die Schwankungen – und erst recht keine Verluste – sondern die Standardabweichung. Sie gilt als statistisches Maß für die absolute Volatilität oder den Betafaktor. Damit gibt sie allerdings nicht an, wie tief ein Kurs fallen kann und intuitiv empfundenes Risiko ist nicht gleich Volatilität. Dies wird an folgendem Beispiel sichtbar:
- Aktie 1: Kursverlust monatlich kontinuierlich 15 Prozent
- Aktie 2: 1. Monat: 10 Prozent Wachstum, 2. Monat 5 Prozent Wachstum, 3. Monat 15 Prozent
Betrachten Analysten nun die Standardabweichung, ist ein Investment in die zweite Aktie deutlich risikoreicher. Die erste Aktie wäre hingegen ein risikoloses Investment, denn die Standardabweichung beträgt in diesem Fall gleich null.
Es ist deswegen wichtig, dass Anleger die Volatilität als Risikomaß kritisch sehen und sich nicht ausschließlich auf die Standardabweichung verlassen. Für einen ersten Blick kann die Volatilität dennoch ein sinnvoller Wert sein, da sie auf große Schwankungen hinweisen kann. Und auch geringe Schwankungen können genauso ein Warnsignal sein.
Risikokennzahlen
Darüber hinaus gibt es einige weitere Indikatoren und Kennzahlen, die häufig genutzt werden und teilweise mehr Aussagen über das Risiko als die Volatilität treffen können:
- Maximum Drawdown
Das Maximum Drawdown gibt an, welchen Verlust der Anleger in einem bestimmten Zeitraum hätte erleiden können, wenn er zum Höchststand ein- und zum Tiefstand ausgestiegen wäre.
- Value at Risk
Der Value at Risk soll angeben können, wie hoch das Verslustrisiko einer Aktie kann. Der Value at Risk wird in der Regel unter Einbeziehung der Volatilität ermittelt und ist dann hinsichtlich der Aussagekraft mit dieser gleichzusetzen. Je höher der Wert ist, umso höher ist auch das Risiko. Er gibt mit einer 99-prozentigen Wahrscheinlichkeit an, wie hoch der maximale Verlust innerhalb eines bestimmten Zeitraumes ist.
- Sharpe Ratio
Die Sharpe-ratio soll die risikobereinigte Performance einer Anlage aus drücken. Zu ihrer Berechnung wird von der Rendite der Aktie die Verzinsung eines risikolosen Produktes abgezogen und die verbleibende Rendite durch die Standardabweichung geteilt.
Margin of Safety im Value Investing
Auch das Value Investing versucht, das Risiko zu bestimmen und stützt sich dabei nicht auf Chartanalysen und Indikatoren. Die Grundlage des Value Investings ist bekanntlich, Aktien von Unternehmen dann zu kaufen, wenn sie deutlich unterbewertet sind und preislich weit unter dem „inneren Wert“ der Aktiengesellschaft liegen. Dies kann beispielsweise durch mangelndes Interesse oder Vorurteile der Aktionäre der Fall sein. Ein Value Investor ermittelt dies durch Kennzahlen der Fundamental- oder technischen Analyse.
Als Hintergrund gilt die Annahme, dass die Aktienkurse guter Unternehmen in der Zukunft stärker nachgefragt werden und dementsprechend der Aktienkurs steigen wird, bis er mindestens dem inneren Wert des Unternehmens gerecht wird.
Der Unterschied zwischen dem inneren Wert und dem Aktienkurs wird auch als „Margin of Safety“ bezeichnet. Hieraus ergibt sich auch das Risiko, dass der Anleger bei einem Kauf eingehen würde. Der Gedanke dahinter ist logisch: Wer Aktien eines stark überbewerteten Unternehmen kauft, riskiert einen Verlust durch eine Korrektur. Ist ein Unternehmen hingegen an der Börse stark unterbewertet, ist es wahrscheinlich, dass sich die Nachfrage im Laufe der Zeit erhöhen wird und der Aktienkurs im Optimalfall seinen tatsächlichen Kurs erreicht. Je größer die Spanne zwischen dem inneren Wert und dem Wert an der Börse ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass der Kurs steigt und umso geringer ist das Risiko, dass die Investition keine Rendite oder sogar Verlust abwirft.
Gesamtrisiko entscheidet
Viele Anleger versuchen, beim Kauf einer einzigen Aktie zu entscheiden, ob das Risiko im Rahmen ihrer Anlagestrategie tragbar ist. Tatsächlich ist es weniger das einzelne Wertpapier, das darüber entscheidet, ob die Geldanlage zu riskant ist. Wichtiger ist hingegen die Frage, ob eine einzelne Aktie hinsichtlich ihres Risiko ins Wertpapierdepot passt und dieses wiederum in Rahmen der gesamten Anlagestrategie ein sinnvolles Risiko bedeutet.
Vorsicht: Anleger tendieren dazu, nach einem erfolgreichen Trade mehr Risiko einzugehen.
Fazit:
Auch wer das Risiko einer Aktie bestimmt, kann ein gewisses Restrisiko niemals ausschließen. Dennoch eignen sich verschiedene Ansätze dazu zu ermitteln, wie riskant eine Aktie ist und ob sich das Risiko lohnt. Anleger sollten bei der Betrachtung einzelner Aktien nicht das Depot und andere Geldanlagen aus den Augen verlieren, sondern Entscheidungen auch in Hinblick auf alle Investitionen treffen.